Amphi 23 – noch 3 Wochen

Amphi Festival, 2023, Running Order, Preview [Nachtrag siehe unten – viele Überschneidungen!]

Das Amphi-Festival steht vor der Tür. Gestern habe ich mir die Band-Liste für beide Tage ausgedruckt und war erstaunt, wie hochkarätig diese in diesem Jahr ist. Das wird ein spannendes und sehr volles Wochenende.

Sehr voll wohl auch deswegen, weil gerade einige der unbekannteren Acts auf der dritten Bühne auf dem Rheinschiff spielen werden, wo man mit Shuttle-Bus hinfahren muß. Mir hat diese Aufteilung des Festivals noch nie zugesagt. Vermutlich stand am Anfang die Überlegung: was man in Leipzig kann, das geht auch in Kölle. Mal ein bißchen Schwarz über die Stadt bringen. Allerdings muß man heute auch in Sachen Klimaschutz / Klimaaktivismus fragen, ob es noch zeitgemäß ist, pausenlos Busse vom rechten ans linke Rheinufer fahren zu lassen, weil man sich eine Bühne auf einem Schiff „gönnt“. Wie gesagt, mich persönlich nervt das – und im Zweifelsfall lasse ich diese Bands für mich ausfallen, weil ich keinen Bock auf die Fahrt habe. Amphi 23 – noch 3 Wochen weiterlesen

The Crucifixion (Film)

„The Crucifixion“ wurde 2017 von Xavier Gens gedreht. Ich habe den Film auf Amazon Prime gesehen und vergebe die Note ****.
(Wikipedia)

Zwei Geschichten werden im Film parallel erzählt. Da ist zum einen die New Yorker Reporterin Nicole, eine Atheistin und Kirchenkritikerin, deren Mutter eine gläubige Christin war. Als diese infolge ihrer Krebserkrankung kurz vor dem Tod stand, bat sie Nicole, einen Weg in den Glauben zu finden, damit beide ‚im Himmel‘ später vereint sein würden. Nicole lehnte dies ab, und die Mutter starb mit dieser ablehnenden Botschaft.

Dann ist da die junge Nonne Adelina in Rumänien, selbst in einem Waisenhaus aufgewachsen, die in Deutschland als Kindermädchen zwei ebenfalls aus einem Waisenhaus adoptierte Kinder einer Familie betreute und mit einem Deutschen eine wenig erfüllte sexuelle Beziehung hatte. Kurz nach ihrer Rückkehr brachte sich der ältere Priester Gabriel vor ihren Augen um, indem er sich vom Kirchturm des Nonnenklosters stürzte.

Reporterin Nicole kommt nach Rumänien, als Adelina bereits tot ist: gestorben an den Folgen eines versuchten Exorzismus durch den Priester Dimitru, der wegen überdurchschnittlich vieler Exorzismen auf Betreiben seines zuständigen Bischofs durch die Behörden festgenommen worden war. Doch trotz Abbruch des Exorzismus war Adelina nicht zu retten. Der Bischof gibt Nicole, genauso wie die zuvor behandelnde Psychiaterin, an, Adelina habe an Schizophrenie gelitten. (Also die klassische Kontroverse: Ist es eine Besessenheit im religiösen Sinn oder eine psychiatrische Erkrankung?)

Die Handlungsstränge nähern sich über den gutaussehenden jungen Priester Anton an, den Nicole im Ort nahe des Nonnenklosters trifft. Er glaubt an Besessenheit und Exorzismen, äußert das aber zunächst nicht offen, während Nicole etliche Personen befragt und die Situation bis zum Tod Adelinas rekonstruiert.

Der Dämon Agares [Adelina spricht ihn wie „Akarisch“ aus; er wird tatsächlich in esoterischen „Grimoires“ als Dämon beschrieben – auf einem Krokodil reitend, einen Habicht auf der Hand] war in einen älteren (vermutlich) Rom (von Roma) gefahren, der einen taubstummen, aber sehr gläubigen Sohn hat. Dieser rief Pater Gabriel zwecks Exorzismus, der aber nicht gelang: der Dämon fuhr in Gabriel, so daß dieser sich offenbar aus Verzweiflung (das bleibt im Film offen) vom Turm stürzte. In den Sterbemomenten am Boden fuhr der Dämon in sein neues „Gefäß“, eben Adelina. Nicole nähert sich nun durch ihre Untersuchungen dem Dämon; es passieren allerlei schräge Dinge: Lichter gehen aus, Fliegen sterben im Weinglas, Spinnen krabbeln hier und da, das Auto bleibt mitten in der Nacht liegen. Nicole sieht dämonische Fratzen.

Anton erklärt ihr, beim Exorzismus gebe es vier Stufen. Die erste heiße „Anwesenheit“: der Dämon beherrsche den Körper, er wird als Dämon erkannt. Dann folgt „Bruchpunkt“, eine durch Chaos, Halluzinationen und Gestank gekennzeichnete Phase. In der dritten Stufe, „Konflikt“, bekämpft der Exorzist den Dämon, um dann bei der „Austreibung“ über diesen zu siegen. Anton liegt mit seiner Vermutung, daß die Austreibung nicht erfolgt ist, richtig: der Dämon war in der Umgebung der toten Nonne aktiv und suchte sich ein neues Opfer: Nicole. Der Dämon befällt Nicole auf dem Hof des alten Rom, nachdem sie erkannt hatte, wie die Abfolge der Besessenheit war.

Die Szenen sind sehr überzeugend gefilmt: der Dämon hebt den Körper Nicoles unter die Raumdecke, wirft sie durch den Raum. Eine Spezialität von ihm ist: er läßt es während des Exorzismus regnen, das sei eine „Verspottung des Weihwassers“. Anton eilt herbei und führt den Exorzismus durch – zunächst nach Buch, doch dann sagt er dem Dämon, dessen Name er ja kennt, er brauche das Rituale Romanum nicht, nur den Glauben Nicoles. Er fleht Nicole an, bei Jesus Zuflucht zu suchen, nur so könne sie den Dämon besiegen.

Anton ist überzeugt davon, daß Gott Nicole nach Rumänien geführt habe, damit sie an ihn glauben lerne. Nicole erfährt gegen Ende des Films, daß ihre Mutter am gleichen Tag gestorben ist, an dem sich Pater Gabriel umgebracht hat.

Letztlich ist der Film eine schöne Geschichte über das Thema, wie man über die Erfahrung des Bösen zur Liebe Gottes gelangen kann. Ganz ohne Zwang ist das aber auch nicht passiert, was so ein bißchen die Drohung à la „Wenn du nicht glaubst, leidest du in der Hölle“ wieder aufnimmt bzw. als ‚richtig‘ hinstellt. Andererseits unterstreicht der Film, daß eine Besessenheit auch nur durch Glaube bekämpft werden kann.

Der Kameramann hat ein gutes Gespür dafür, Landschaften und Architektur in Szene zu setzen. Der Film hat langsame Kameraschwenks und ist insgesamt ruhig aufgebaut, was ihm guttut. Ich mag diesen Film sehr gern, weil mich Nicoles Geschichte ein wenig an meine eigene erinnert. Es ist eine Geschichte des Glauben-Lernens, die ich mit der Note 2 bewerte.

DAHMER: Monster (TV-Serie)

frreepik.com - 18+Bitte beachten: Im Sinne des Jugendschutzes weise ich darauf hin, daß hier sensible Inhalte eines Mediums (Film, Serie, Buch) besprochen werden. Der Text sollte ab Volljährigkeit gelesen werden.

 

10. und letzte Folge der Netflix-Serie – Jeffrey Dahmer erhält im Gefängnis Besuch von seinem Vater. Nach einem Gespräch über dies und das sowie Dahmers Wunsch, sich taufen zu lassen, fragt er seinen Vater sinngemäß: Wirst du mir je für das, was ich tat, vergeben können? Lange Nah-Einstellung auf das Gesicht des Vaters, bis das „Ja, ich werde dir vergeben“ kommt.

Ich bin selbst Vater zweier Söhne. Oft habe ich mich in diesen Vater Dahmer hineinversetzt, weil es für einen Vater – für Eltern – das Schlimmste ist, wenn das eigene Kind zum Massenmörder und Kannibalen wird. 17 Menschen ermordete Dahmer, zerstückelte sie, aß zum Teil ihr Fleisch, alles in dem Wunsch, sie „kontrollieren“ und „bei sich behalten“ zu können. Kann man – als Vater – diesem Mann – Sohn – vergeben?

Es war ausgerechnet mein jüngerer Sohn, der mich auf die Serie bei Netflix aufmerksam machte. Er schaue da etwas über einen Massenmörder, das sehr gut nachvollziehbar gefilmt sei. Man bekomme einen guten Einblick in die Gefühlswelt dieses Mannes. DAHMER: Monster (TV-Serie) weiterlesen

I died for beauty (Emily Dickinson)

Nebel, Tannen, Waldweg, Schnee, Winter, DüsterkeitI died for Beauty – but was scarce
Adjusted in the Tomb
When One who died for Truth, was lain
In an adjoining Room –

He questioned softly „Why I failed“?
„For Beauty“, I replied –
„And I – for Truth – Themself are One –
We Brethren are“, He said –

And so, as Kinsmen, met a Night —
We talked between the Rooms –
Until the Moss had reached our lips –
And covered up – Our names –

[Emily Dickinson]


„The poem weighs idealism against the stark reality of death, emphasizing that death is far more permanent than the ideals people die for.“ (LitCharts.com)

Unpolitisch oder ignorant?

Man sagt der Schwarzen Szene nach, sie sei unpolitisch, mithin spiele Politik in und für die Szene eine geringe Rolle. Mir fallen zwei sehr unterschiedliche Beispiele aus der eigenen Beobachtung ein: Vor zwei Jahrzehnten agierten „Gothics gegen Rechts“ aufklärerisch zu von ihnen so verstandenen rechten / rechtsextremen Bands, was m.E. in der Schwarzen Szene beachtet, aber unaufgeregt zur Kenntnis genommen wurde. Es mag sein, daß mit dieser Aktion erreicht wurde, daß sich die krasseren der kritisierten Bands nicht weiter durchgesetzt/verbreitet haben. Man denke auch an die Von-Thronstahl-Debatte, das Auftrittsverbot beim WGT 2000, das wegen Bombendrohung abgesagte DIJ-Konzert im gleichen Jahr usw. Auch Veranstalter reagierten: zweimal wurde von mir beobachtet, wie der VAWS-Stand beim M’era Luna Festival-Verbot erhielt.

Andererseits ist mir im vergangenen Jahr beim Amphi-Festival angenehm aufgefallen, wenig blau-gelbe Farben zu sehen. Der Krieg wurde draußen vor dem Tanzbrunnen zurückgelassen. Dabei glaube ich nicht, daß die Mehrheit der Festivalbesucher tatsächlich die Ereignisse in der Ukraine nicht verfolgt. Unpolitisch oder ignorant? weiterlesen

Persönliche Musikgeschichte, Teil 4

2000er – Family Life

2001 wurde unser erster Sohn geboren – wir gingen in den family mode. Musik und „Schwarze Szene“ traten in den Hintergrund, auch weil wir als Familie in einem religiösen Bereich sehr engagiert waren (und ich ganz viel skandinavische Musik, viel Folk hörte).
(Die vorhergehenden Teile dieser Artikel-Serie: 1, 2, 3)

M’era Luna 2000

2002, 2004 und 2005 war ich dennoch wieder auf dem M’era Luna, wobei ganz klar das 2002er Konzert von VNV Nation herausragt. Die Live-Version von Legion fand sich später dann auch auf der “Honour 2003″ MCD. Hervorzuheben aus allen drei Events auf dem Hildesheim-Drispenstedter Flughafen sind für mich:
HIM (ja, doch, irgendwie schon), Soft Cell, Suicide Commando, The 69 Eyes, Schandmaul, L’Âme Immortelle (mit dem ergreifenden “Bitterkeit”), Funker Vogt, Oomph!, Lacrimosa (geniales Konzert), Covenant, The Mission, Umbra et Imago (besser aber beim WGT in der Agra-Halle), Rotersand, The Sisters of Mercy, Deine Lakaien, Diary of Dreams, Faun, Zeraphine, Mesh, The Crüxshadows – so viele schöne Erinnerungen. Tage im Zelt, Dosenfutter auf dem Spiritus-Kocher, Heimfahrt mit schlammbedecktem Auto. Persönliche Musikgeschichte, Teil 4 weiterlesen

Run Rabbit Run (Netflix)

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, gibt es horrortechnisch einige Filme, die mich ziemlich geschockt haben. Allen voran Htitchcocks „Die Vögel“. Weil ich selbst Vögel beobachtete, war das Verhalten der Vögel im Film um so verstörender.
Dann „Picknick am Valentinstag“, der einzige Film, der mir wirklich Alpträume eingegeben hat.

Jetzt ist da „Run Rabbit Run“ aus Australien, der sich in verstörender Intensität in meine Realität als Mitt-50er gräbt. Scheiße, ist der gut!
Mutter und Tochter, Trennung vom Vater. Ein weißer Hase, das Hasenmotiv, die verschwundene Schwester der Mutter. Nun ist sie – irgendwie – wieder da. Das düstere Geheimnis – 18 Minuten vor dem Filmende erfahren wir es.

Wer Netflix hat: ansehen! Für mich einer der besten Horrorfilme, den ich seit langem auf Netflix gesehen habe. Arbeit des Kamerateams – erste Sahne! Soundtrack so passend, daß ich ihn immer wieder bewußt an verschiedenen Stellen des Films wahrnehme.

Und Erinnerung (keine Werbung): Netflix hat jetzt auch eine Abo-Version mit Werbung. 5€/Monat und – ist sie Alice?

„Du bist ein Monster!“

Darcy Coates – Craven Manor

Darcy Coates: Craven Manor

Spoilers!

Nach der begeisterten Lektüre von Coates‘ The Haunting of Ashburn House dachte ich, ein weiterer Roman der australischen Autorin (Pseudonym?) wäre ja nicht schlecht. Nach der Anzahl der Amazon-Rezensionen wählte ich ohne viel Nachdenken „Craven Manor“. Es ist ebenso eine Haunted-House-Geschichte, aber für mich bei weitem nicht so gut geschrieben wie „Ashburn“, obwohl das Buch ein Jahr jünger ist. Darcy Coates – Craven Manor weiterlesen

Persönliche Musikgeschichte, Teil 3

Zillo Open Air 1998

Zillo Festival 1998 u. 99

Wieder einmal wurde die „schwarze Musik“ für mich zu einer Art “Befreiungsschlag”, denn die im 2. Teil (1. Teil hier) erwähnte Beziehung mit S. endete glücklicherweise 1997 – und im darauffolgenden Sommer 1998 stand ich auf dem Hildesheimer Flugplatz beim Zillo Open Air. Als Secret Discovery mit “Hello Goodbye” („Hello, I’m gonna leave you, I want to say goodbye to you“) das Festival eröffneten und mir die Bässe durch den Bauch dröhnten, wußte ich wieder, wo ich “hingehörte”. (Das klingt so lakonisch hingeschrieben, aber wenn ich daran zurückdenke, kommen die Emotionen wieder hoch, ich bekomme Gänsehaut, als sei es gestern gewesen. Es ist meine Musik, über die Jahrzehnte, immer wieder der Soundtrack meines Lebens, besonders in schwereren Zeiten (?).) Persönliche Musikgeschichte, Teil 3 weiterlesen

Dathan Auerbach: Penpal

Auf Auerbachs Roman bin ich bei verschiedenen „BookTubern“ aufmerksam geworden, also Menschen, die auf YouTube über Literatur berichten. Angepriesen wurde er als sehr besonderes, sehr gruseliges Werk. Anda Kent beschrieb die Zeit, als sie Auerbach las, sinngemäß so: Entweder ich las oder ich tat etwas anderes und dachte über das Buch nach.

Ab hier der Hinweis auf geringe Spoiler! Dathan Auerbach: Penpal weiterlesen

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