Der Exorzist (Film)

Der Exorzist“ wurde 1973 von William Friedkin gedreht. Der Film basiert auf dem 1971er Roman gleichen Titels von William Peter Blatty, der auch das Drehbuch für den Film (und Exorzist 3 – basierend auf Blattys Nachfolgeroman ‚Legion‘ von 1983) schrieb. Ich habe den Film via iTunes gekauft (Director’s Cut, s.u.) und vergebe ****. (Wikipedia)

Dieser Text spoilert den Film!

Der Film wird auch besprochen in Sven Großhans‘ Buch „Das Schauspiel der Besessenheit – Exorzismus im Film“ (Berlin (Logos), 2010). Besonders ausführlich beschreibt ihn Monika Scala in „Der Exorzismus in der Katholischen Kirche“.

Der Director’s Cut des Romanautors Blatty (!) aus dem Jahre 2001 trägt den Untertitel: „The version you’ve never seen“. Es sind zusätzliche Szenen wie Regans „Spiderwalk“ zu sehen.
Friedkin wollte 1973 ein offenes, kurzes Ende, damit Fortsetzungen möglich sind. Blatty veränderte im Director’s Cut dahingehend, daß Polizist Kinderman und Pater Dyer sich verabreden, was zu Exorzist 3 überführt.

Auf Youtube gibt es anläßlich des 25. Jubiläums des Films ein „Making of“ mit dem Titel The Fear of God und eine Doku aus dem Jahre 1974.

Der Film beginnt mit Aufnahmen im Irak, wo Pater Lankester Merrin ein kleines Amulett findet, das den Kopf einer Statue des (Wind-)Dämons Pazuzu darstellt.  [Der Youtuber Rob Ager hat diesen Irak-Vorspann in einem ausführlichen, sehenswerten Video erläutert.]

Schwenk in die USA, Georgetown/Washington D.C.: dort lebt die geschiedene Schauspielerin Chris MacNeil mit ihrer Tochter Regan. Der in der gleichen Stadt arbeitende Pater Damien Karras wird zunächst beobachtend vorgestellt; er ist ebenfalls Psychiater.

Im MacNeil-Haus geschehen seltsame Dinge, ein Scharren ist auf dem Dachboden zu hören, die Tochter Regan, 12 Jahre alt, spielt mit einem Ouija-Brett, durch das ihr ein „Captain Howdy“ antwortet. Bald beginnt Regans Bett nachts zu wackeln, und das Mädchen macht die unheilvolle Vorhersage zu Burke Dennings, Regisseur und Freund der Mutter: „Du wirst sterben da oben!“

Merrin und Karras treffen sich, letzterer gesteht dem älteren Pater, daß er seinen Glauben verloren habe. Karras geht durch eine schwere Phase: die altersschwache Mutter kommt in die Psychiatrie und stirbt dort, während Karras sich vorwirft, nicht ausreichend für sie gesorgt zu haben. In seiner Kirche wird eine Marienstatue entweiht (wobei man nur vermuten kann, daß Regan das war; im Film werden satanistische Gruppen dahinter vermutet [mehr dazu und andere vertiefende Erklärungen mit nochmaligem Verweis auf Rob Ager]).

Regan ist mittlerweile charakterlich stark verändert/besessen. Durch ihre Einwirkung stirbt Dennings tatsächlich, indem er eine steile Treppe neben dem Haus hinunterfällt. Die Mutter läßt Regan im Krankenhaus untersuchen, es kann keine tragfähige Diagnose gestellt werden. Man probiert Medikamente und Hypnose, doch plötzlich spricht der Dämon aus dem Kind und greift den Hypnotiseur an. Nun schlägt einer der Ärzte im Krankenhaus den Exorzismus vor. Regans Zustand wird immer schlimmer, sie verletzt sich selbst mit einer Schere, schreit vulgäre Phrasen und verändert sich äußerlich stark. Die Mutter kontaktiert Karras, der den Exorzismus ablehnt, Regan aber besucht. Als der Teufel aus dem Mädchen spricht, zweifelt Karras weiter, weil er glaubt, sie halte sich für den Teufel, ähnlich wie sich jemand als Napoleon sehen kann. Für Karras sind die Symptome nicht eindeutig: der Dämon reagiert auf „Weihwasser“, das nur normales Leitungswasser ist, andererseits spricht Regan in Sprachen, die sie nicht beherrscht. Letztlich sieht man in narbenartiger Schrift auf Regans Bauch den Schriftzug: „Help me.“

Nach diesem „Probe-Exorzismus“ beantragt Karras den eigentlichen Exorzismus, doch Merrin erhält den Auftrag dazu, während Karras assistieren soll. Er weist den Jüngeren an, auf keinen Fall direkt mit dem Dämon zu reden. Karras meint, drei Persönlichkeiten hätten sich in Regan manifestiert, doch Merrin korrigiert ihn barsch: es sei nur eine (der Teufel? Pazuzu?). Regans Leidensgeschichte will Merrin nicht hören.

Der Exorzismus beginnt, Regan levitiert über dem Bett, die Priester rufen wiederholt: „Die Kraft Jesu Christi bezwingt dich…“ Die o.e. Monika Scala führt aus, daß sich der Film sehr genau an den Ablauf des Exorzismus-Rituals der Katholischen Kirche hält.
Der Dämon greift Karras an, indem er mit der Stimme von dessen verstorbener Mutter spricht. Merrin schickt den dadurch beeinträchtigten Priesterkollegen aus dem Zimmer.  Als dieser später zurückkommt, findet er den Älteren tot auf dem Bett; Regan sitzt dämonisch lächelnd daneben.

Sehr deutlich wiederholt dieser Pater Merrin den zentralen Ritus des Christentums, das Opfer. Bevor er seinen Tod annimmt, lässt der Dämon Regan in der Haltung des Gekreuzigten über ihrem Bett schweben, und die Masturbation mit dem blutverschmierten Kreuz verweist nicht nur auf die ‚satanische‘ Umkehr der kirchlichen Riten und Symbole, sondern auch auf die unumkehrbare Verbindung von Religion, Gewalt und Lust in der Geschichte des christlichen Abendlandes.“

[Neues aus der Hölle: Die Exorzismus-Welle, in: Seeßlen, Georg / Jung, Fernand: Horror: Grundlagen des populären Films]

Karras kämpft nun selbst mit dem Dämon, fordert ihn auf, Regan zu verlassen und in ihn zu fahren. Das geschieht, woraufhin der Priester aus dem Fenster springt, die Treppe (wie Dennings offenbar) hinabstürzt und stirbt. Ziel ist: durch das „Selbstopfer“ den Dämon zu besiegen. Im christlichen Sinn: Karras nimmt „die Sünde“ (den Dämon) wie Jesus auf sich und stirbt. Man hat auch diesen Treppensturz als das Hinabsteigen Jesu/Karras‘ in das Totenreich interpretiert. Auf einer persönlichen Ebene erlangt Karras „Erlösung“ – das Selbstopfer ist höchster Ausdruck seines Glaubens.

Der Film endet damit, daß die Familie aus dem Haus auszieht. Die von Merrin fallengelassene Münze (eine St.-Josefs-Medaille) bewahrt die Mutter auf, um sie an einen Pater Dyer (Freund von Karras) weiterzureichen.

Dies ist der Klassiker aller Exorzismus-Filme, aber für mich nicht der beste Film des Genres.

The Crucifixion (Film)

„The Crucifixion“ wurde 2017 von Xavier Gens gedreht. Ich habe den Film auf Amazon Prime gesehen und vergebe die Note ****.
(Wikipedia)

Zwei Geschichten werden im Film parallel erzählt. Da ist zum einen die New Yorker Reporterin Nicole, eine Atheistin und Kirchenkritikerin, deren Mutter eine gläubige Christin war. Als diese infolge ihrer Krebserkrankung kurz vor dem Tod stand, bat sie Nicole, einen Weg in den Glauben zu finden, damit beide ‚im Himmel‘ später vereint sein würden. Nicole lehnte dies ab, und die Mutter starb mit dieser ablehnenden Botschaft.

Dann ist da die junge Nonne Adelina in Rumänien, selbst in einem Waisenhaus aufgewachsen, die in Deutschland als Kindermädchen zwei ebenfalls aus einem Waisenhaus adoptierte Kinder einer Familie betreute und mit einem Deutschen eine wenig erfüllte sexuelle Beziehung hatte. Kurz nach ihrer Rückkehr brachte sich der ältere Priester Gabriel vor ihren Augen um, indem er sich vom Kirchturm des Nonnenklosters stürzte.

Reporterin Nicole kommt nach Rumänien, als Adelina bereits tot ist: gestorben an den Folgen eines versuchten Exorzismus durch den Priester Dimitru, der wegen überdurchschnittlich vieler Exorzismen auf Betreiben seines zuständigen Bischofs durch die Behörden festgenommen worden war. Doch trotz Abbruch des Exorzismus war Adelina nicht zu retten. Der Bischof gibt Nicole, genauso wie die zuvor behandelnde Psychiaterin, an, Adelina habe an Schizophrenie gelitten. (Also die klassische Kontroverse: Ist es eine Besessenheit im religiösen Sinn oder eine psychiatrische Erkrankung?)

Die Handlungsstränge nähern sich über den gutaussehenden jungen Priester Anton an, den Nicole im Ort nahe des Nonnenklosters trifft. Er glaubt an Besessenheit und Exorzismen, äußert das aber zunächst nicht offen, während Nicole etliche Personen befragt und die Situation bis zum Tod Adelinas rekonstruiert.

Der Dämon Agares [Adelina spricht ihn wie „Akarisch“ aus; er wird tatsächlich in esoterischen „Grimoires“ als Dämon beschrieben – auf einem Krokodil reitend, einen Habicht auf der Hand] war in einen älteren (vermutlich) Rom (von Roma) gefahren, der einen taubstummen, aber sehr gläubigen Sohn hat. Dieser rief Pater Gabriel zwecks Exorzismus, der aber nicht gelang: der Dämon fuhr in Gabriel, so daß dieser sich offenbar aus Verzweiflung (das bleibt im Film offen) vom Turm stürzte. In den Sterbemomenten am Boden fuhr der Dämon in sein neues „Gefäß“, eben Adelina. Nicole nähert sich nun durch ihre Untersuchungen dem Dämon; es passieren allerlei schräge Dinge: Lichter gehen aus, Fliegen sterben im Weinglas, Spinnen krabbeln hier und da, das Auto bleibt mitten in der Nacht liegen. Nicole sieht dämonische Fratzen.

Anton erklärt ihr, beim Exorzismus gebe es vier Stufen. Die erste heiße „Anwesenheit“: der Dämon beherrsche den Körper, er wird als Dämon erkannt. Dann folgt „Bruchpunkt“, eine durch Chaos, Halluzinationen und Gestank gekennzeichnete Phase. In der dritten Stufe, „Konflikt“, bekämpft der Exorzist den Dämon, um dann bei der „Austreibung“ über diesen zu siegen. Anton liegt mit seiner Vermutung, daß die Austreibung nicht erfolgt ist, richtig: der Dämon war in der Umgebung der toten Nonne aktiv und suchte sich ein neues Opfer: Nicole. Der Dämon befällt Nicole auf dem Hof des alten Rom, nachdem sie erkannt hatte, wie die Abfolge der Besessenheit war.

Die Szenen sind sehr überzeugend gefilmt: der Dämon hebt den Körper Nicoles unter die Raumdecke, wirft sie durch den Raum. Eine Spezialität von ihm ist: er läßt es während des Exorzismus regnen, das sei eine „Verspottung des Weihwassers“. Anton eilt herbei und führt den Exorzismus durch – zunächst nach Buch, doch dann sagt er dem Dämon, dessen Name er ja kennt, er brauche das Rituale Romanum nicht, nur den Glauben Nicoles. Er fleht Nicole an, bei Jesus Zuflucht zu suchen, nur so könne sie den Dämon besiegen.

Anton ist überzeugt davon, daß Gott Nicole nach Rumänien geführt habe, damit sie an ihn glauben lerne. Nicole erfährt gegen Ende des Films, daß ihre Mutter am gleichen Tag gestorben ist, an dem sich Pater Gabriel umgebracht hat.

Letztlich ist der Film eine schöne Geschichte über das Thema, wie man über die Erfahrung des Bösen zur Liebe Gottes gelangen kann. Ganz ohne Zwang ist das aber auch nicht passiert, was so ein bißchen die Drohung à la „Wenn du nicht glaubst, leidest du in der Hölle“ wieder aufnimmt bzw. als ‚richtig‘ hinstellt. Andererseits unterstreicht der Film, daß eine Besessenheit auch nur durch Glaube bekämpft werden kann.

Der Kameramann hat ein gutes Gespür dafür, Landschaften und Architektur in Szene zu setzen. Der Film hat langsame Kameraschwenks und ist insgesamt ruhig aufgebaut, was ihm guttut. Ich mag diesen Film sehr gern, weil mich Nicoles Geschichte ein wenig an meine eigene erinnert. Es ist eine Geschichte des Glauben-Lernens, die ich mit der Note 2 bewerte.

Run Rabbit Run (Netflix)

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, gibt es horrortechnisch einige Filme, die mich ziemlich geschockt haben. Allen voran Htitchcocks „Die Vögel“. Weil ich selbst Vögel beobachtete, war das Verhalten der Vögel im Film um so verstörender.
Dann „Picknick am Valentinstag“, der einzige Film, der mir wirklich Alpträume eingegeben hat.

Jetzt ist da „Run Rabbit Run“ aus Australien, der sich in verstörender Intensität in meine Realität als Mitt-50er gräbt. Scheiße, ist der gut!
Mutter und Tochter, Trennung vom Vater. Ein weißer Hase, das Hasenmotiv, die verschwundene Schwester der Mutter. Nun ist sie – irgendwie – wieder da. Das düstere Geheimnis – 18 Minuten vor dem Filmende erfahren wir es.

Wer Netflix hat: ansehen! Für mich einer der besten Horrorfilme, den ich seit langem auf Netflix gesehen habe. Arbeit des Kamerateams – erste Sahne! Soundtrack so passend, daß ich ihn immer wieder bewußt an verschiedenen Stellen des Films wahrnehme.

Und Erinnerung (keine Werbung): Netflix hat jetzt auch eine Abo-Version mit Werbung. 5€/Monat und – ist sie Alice?

„Du bist ein Monster!“

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