Die Heilige Nacht

Regen fällt auf Straßen dunkelster Nacht.

Freudlose fahlgelbe Fenster stieren,

rote Wangen hinter einer Gardine, verzerrt durch Nässe.

Kinderlachen – Lachen des Windes im Dachstuhl,

Engelsmusik erreicht kein totes Radio, totgewünscht.

Abgeschottet, ohne Ohren, Augen,

eingeschlossen mit der Trauer, der tieferen Trauer

in der reinen, hellen Zeit.

„Oh, du Fröhliche, oh, …“

[© Rush / V. Wagner]

Betet mit mir

Betet mit mir
die Nacht wird kalt
schmerzen wird der Leib
singen wird die Seele

Betet mit mir
daß Sie kommt
deren Hand heiligen kann
mit Feuer und Zärtlichkeit

Betet mit mir
das Banner muß aufrecht bleiben
das Klagelied verstummen
Säuseln sollen Ketten
Streicheln sollen Fesseln

Betet mit mir
um Erlösung durch Ihre Hand
um Ruin und Bitterkeit
Ergebung und mattes Glänzen
vor Ihren Füßen

[© Rush / V. Wagner]

 

{Nach „Laken so weiß“ hier noch einmal der Blick auf die nächtliche Welt vom Boden aus. Für einen Gläubigen ist das ‚Betet mit mir‘ blasphemisch, für das Ich im Text ist es aufrichtiges Gebet zu einem Gott, der sehr genau weiß – aus eigener Erfahrung -, was Schmerz ist. Der im übrigen auch weiß, was Erlösung ist, aber hier, nun ja, ist es eben blasphemischer (erdiger?) gemeint. 😂}

Im Nebel (H. Hesse)

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.

[Hermann Hesse]

Umhüllender Hauch

Buff, Morf, Amphi Festival, Fuck Corona

Umhüllender Hauch
aus Träumen steigend
verströmt Helle im kleinen Raum.
Wo – wichtige Grenzen der Integrität,
dahinter Veränderung.

Hier läuft die Zeit zurück,
gefühlvoll, draußen
überfühlt.
Ich kenne die Welt da draußen,
ich weiß um sie. Umhüllender Hauch weiterlesen

Mit leeren Augen kam ich heim

Schweigemarsch und Tränen,
Herbstregen, der in mein Gesicht schlug.
Zerzauste Haare unter grauem Himmel –
Kalter Wind, der an ihnen zerrte.
Steten Schrittes durch braune Felder
Zog es mich fort von den Menschen,
Die mich umstanden, auf mich zeigten.

Deine Hand konnte heilen,
Dein Mund konnte heiligen.
Deine Augen waren kein Trost.

Heimkehr vom Marsch.
Kerzenlicht und heller Wein.
Mit meiner Liebe ging ich fort,
Mit leeren Augen kam ich heim.
Und du warst nicht an diesem Ort.

[© Rush / V. Wagner]

Sonntagabend, verklingend

Orange, Nacht
Nacht in Orange

Sonntagabend
verklingend.
Auf einem Parkdeck über der Stadt
in der Leere dunklen Geistes.
Wind streicht durchs Haar, zärtlich,
unter Laternen, die für niemanden leuchten.

In schwarze Wolken reichen
feingliedrige, freundliche Antennen,
selig empfangend,
und Fernseher glühen hinter
prüden Gardinen
kleiner, gelber Fenster.
Menschen, dort versunken,
eingepfercht.
Der Besuch wird nicht kommen,
die Erlösung ist noch nicht bezahlt. Sonntagabend, verklingend weiterlesen

Ich wanderte heute

Ich wanderte heute
durch überschießende Reife,
die, am Boden liegend,
das Getier der Fäulnis anzog.

Sommerende.
Über Wege,
von üppigem Grün überwuchert,
zieht es in den Mutterschoß der Natur.
Ruhe suchend;
in der Zeit, die überquillt.
Erntegeruch in der Luft.

Die reife Frucht verdorrt,
fällt zur Erde, wird vergehen.
Verschwendung, sagen wir,
wähnen Überfluß sinnlos.
Ordnung wird
aus Untergang entstehen.

[© Rush / V. Wagner]

Nachtvolk

Was bedeutet die Nacht für mich? Faszination – seit ich ein kleiner Junge war. Beim Nachdenken fallen mir verschiedene Szenen aus meiner Kindheit ein.

Da ist der Aufbruch zur Fahrt in den Urlaub morgens um 4 Uhr. Ich stehe als kleiner Junge im dunklen Hof und schaue in den Himmel, wo eine Unzahl von Sternen leuchtet. Das hatte ich so noch nie gesehen. Ich kann meinen Blick kaum abwenden und rufe zum Opa, der uns vom Fenster verabschiedet: „Opa, schau mal, die ganzen Sterne!“ Die Szene ist wie eingraviert in meine Seelenlandschaft. Nachtvolk weiterlesen

Laken so weiß

Laken so weiß wie der kalte Mond
Schneidend die Kälte der Nacht
doch da der Morgen

Eine Strafe mag kommen
Kein klareres Leben
doch Befriedigung

Der weiße Sklave empfängt Frieden
Lebt im blauen Rausch
der sinnengegeben

Ohne Freiheit doch
Da die Wahl der Waffen entfällt
für ihn

[© Rush / V. Wagner]

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