Ging durch gefrorenen Wald

Wald, mit dir wieder einmal zur Zwiesprach allein
und wie ein Baum inmitten der Brüder zu sein.
(Josef Weinheber)

Ging durch gefrorenen Wald.
Der Boden wies meine Schritte ab.
Füße zertraten Äste
und dieser Lärm verscheuchte
den Traum von Natur,
den ich vorsichtshalber mitgenommen hatte.

Ich kam als Eindringling,
kam mit wirren Gedanken,
die mich verrieten.
Der Eichelhäher erkannte mich,
ich erkannte ihn,
doch er verriet mich.
Laubgeraschel der anderen Tiere,
stets verborgen dem Auge,
zerstörte meine Anmaßung.

Ich war allein gekommen,
bin allein gegangen,
einer Hoffnung beraubt.

[© Rush / V. Wagner]

{Der zivilisatorische Prozeß hat den Menschen aus der Natur herausgelöst und ihm eine Sonderstellung gegeben. Kann man wieder eintauchen in diese Natur? Reicht es, einen ‚Traum von Natur‘ mitzunehmen? Dem Ich im Text gelingt die Regression nicht: die „anderen“ Tiere leben in ihrer Welt, spüren den Eindringling mit den „wirren Gedanken“. Doch dabei gab es für mich eine andere Zeit, als ich jünger war, häufig im Wald, irgendwie „in der Natur zuhause“. Zum Teil meine ich heute zu verstehen, daß die Betonung von Natur gegenüber „Kultur“ in meinem Elternhaus dieses Gefühl gelenkt hat. Letztlich zerlegt der Text das Bild vom „edlen Wilden“.
Darüber hinaus gibt es die persönliche Ebene, die in Begriffen wie den „wirren Gedanken“ und der „Hoffnung“, die mir geraubt wurde, zum Ausdruck kommt. Zwischen dem Jungen, der in die Waldstimmung eintauchte („Waldbaden“, bevor man den Begriff erfinden mußte), und dem jungen Mann, der nun dorthin zurückkommt, lagen einige Jahre. Anknüpfung an Altes war nicht mehr möglich.}

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