Der Südwestrundfunk berichtete kurz darüber, wie sich das Nachtleben in Koblenz verändert habe. Aufhänger war die „letzte Großraumdisco“, die vor der Schließung stand, nun aber weitergeführt werde – aus dem „Agostea“ wird wohl die „Nachtarena Koblenz“.
Die Disco meiner „jungen Jahre“, das „(New) Dreams“, hat 2016 endgültig seine Pforten geschlossen; das „Extra“, das nie mein Fall war, ist seit 2003 zu. Seit Anfang der 80er hatte es das „Logo“ gegeben – in der „Memorial-Facebook-Gruppe“ heißt es, im „Extra“ habe es Techno und „kleine Pillen“ gegeben, im „Logo“ EBM und Asbach-Cola. (Nebenbei: da wird das „Hippodrome“ in Neuwied erwähnt, das ich noch als „Pi“ aus den 80ern kenne. Komischerweise finde ich nichts dazu, wann das Logo dichtgemacht hat, aber ich würde sagen: Ende der 90er. (S. Nachtrag: 1996)
(Ich war Ende der 80er/Anfang der 90er meist mittwochs im Dreams, sonntags im Logo.)
Nachtrag März 25: Ich habe da noch etwas in der Koblenzer Stadtchronik für 1996 (PDF-Datei) gefunden: „Dreams“ und „Logo“ wurden Anfang Juni 1996 seitens der Ordnungsbehörden geschlossen, weil man dem Betreiber „Duldung von Drogenhandel und -konsum“ vorgeworfen hatte. Am 1.11.96 brannte das Logo ab; lt. der angeführten Quelle ging man von Brandstiftung aus. Schon Anfang 1997 wurde auch ein Prozeß gegen den Betreiber der Discothek „Extra“ eröffnet – gleicher Vorwurf.
Interessant, was es zu den zurückgehenden Besucherzahlen in Diskotheken im Artikel zu lesen gibt: zum Kennenlernen nutze man nun Dating Apps – dafür müsse man nicht mehr inne Disse. Zudem sei der Disco-Besuch teuer und es gebe eine Vielzahl konkurrierender Freizeitangebote. Der Betreiber des „Circus Maximus“ argumentiert mit Corona: immer noch 20% weniger Gäste als vor C19. Dort und in anderen Locations bemerke man einen Wunsch der Kunden nach mehr „Bespaßung“: der Circus Maximus bietet eine „Schnäpschenjagd“ oder auch eine Bier-Tour durch Koblenz an.
Die Beauftragte der Stadt Koblenz für die „Nachtkultur“, Adissa Ibrahim, sieht die Generation Z als „achtsam“ und „sparsam“.
Gar nicht erwähnt wird die „schwarze“ Disco in KO: die Druckluftkammer. Wobei ich zweierlei gestehen muß: 1) Ich mag die Location nicht wirklich und war bisher nur einige Male dort, 2) ich meine darüber hinaus, daß es einen Betreiber-Wechsel gab, so daß die aktuelle Online-Präsentation im Grunde einen Standard-Club erscheinen läßt – mit Pub-Betrieb und diversen Motto-Feten, wobei eben auch „die Schwarzen“ mitbedient werden. Die früher regelmäßig als Service online gestellten Playlists der schwarzen Veranstaltungen gibt es nicht mehr.
Für mich sind die Gründe, die im Artikel genannt werden nicht 100% schlüssig oder abschließend als Erklärung geeignet. Ich versuche das mal mit meinen Eindrücken als Vater zweier GenZ-Jungs zu verdichten:
- Corona war ein massiver Einschnitt in die Welt der gerade um die 20-Jährigen. Wo bei mir seinerzeit Party angesagt war, hieß es nun: Abstand, Tests, Masken, Ausgangssperre. Also wurden Treffen in private Räumlichkeiten verlegt – oft genug die offiziellen Covid-Regeln ignorierend. Vielleicht auch ein wenig jugendliche Rebellion. Und diese Grüppchen sind geblieben. Mein älterer Sohn trifft sich mit immer wechselnden Freundinnen und Freunden zum Shisha-Rauchen – aber meist privat, nicht so oft in Bars. Ist das ein Rückzug ins Private? Vielleicht. Ich bemerke hier in einem Ort mit Traditionen wie Karneval, Kirmes usw., daß da wieder vermehrt junge Leute aktiv sind. Kann sein, daß ich das überbewerte, aber während ich früher „raus“ wollte, bleiben die jungen Leute hier, treffen sich bei anderen im Garten / am Pool und ‚chillen‘. Vielleicht ist es auch so eine Art „neue Häuslichkeit“, um nicht neue „Spießigkeit“ sagen zu müssen.
- Freizeitangebote/Tanzen: Ich würde das Thema gerne mehr am Tanzen aufhängen. Natürlich gibt es etliche Dinge, die man parallel zum Club-Besuch machen kann, aber wo geht man zum Tanzen hin? Deshalb die etwas ketzerische Frage: wie hält es die GenZ mit dem Tanzen? Oder provokativ: wer schon Angst wegen Speisekarten hat, würde der sich vor/mit anderen bei rhythmischen Bewegungen präsentieren? Oder harmloser gefragt: machen die jungen Leute soviel Sport, daß sie abends chillig drauf sind und nicht „abhotten“ wollen? Irgendwie meine ich zu spüren, daß es nicht die konkurrierenden Freizeitangebote sind, sondern daß das Tanzen nicht mehr „in“ sein könnte.
- Covid-Nachwirkungen/Teuerung: Liegt es wirklich an Covid, daß noch immer 20% weniger Leute in einen Club kommen? Wenn ich sehe, wieviele Leute immer noch Maske tragen – in Athen viel mehr als in D -, dann mag da eine Ansteckungsangst geblieben sein, die eher generalisiert alle Erkrankungen meint, mit denen man sich aerogen anstecken kann.
Aber ist nicht auch die Teuerung ein großer Faktor? Möglicherweise kommen diese Faktoren zusammen, die vereinfacht auf Post-Covid reduziert werden. Auch ich überlege z.B. bei Festivals, wo ich die meisten Kalorien fürs Geld bekomme. - Großveranstaltungen: Vielleicht gibt es generell einen Trend weg vom Disco-/Club-Besuch und hin zu Großveranstaltungen, so wie es die Schwarze Szene ja auch erlebt. Mein jüngerer Sohn geht gern in eine Techno-Disco, hat dort auch an der Bar gearbeitet, besucht aber m.W. speziell zwei Großveranstaltungen – Nature One und Ruhr-in-Love. Möglicherweise hat das auch damit zu tun, daß man dann für solche Events Geld anspart, aber weniger motiviert ist, jedes Wochenende größere Summen vor Ort in einem Club zu lassen.
Wer noch Ideen hat -> gern in die Kommentare! Rush out.