Am 15.11.24 war ich in Bochum – und zum ersten Mal in der MATRIX – zum Cold Hearted Festival, dem „Wessi-Ableger“ des Originals in Dresden, worüber ich hier schon berichtet hatte. Dresden ist deutlich größer; ich fand es besonders schade, daß Kalte Nacht, Ultra Sunn, Deus ex Lumina nicht in Bochum auftraten.
Im Matrix sind es nur 5 Bands – wobei es eine mir bis dato nicht bekannte, krankheitsbedingte Änderung gegeben hat: statt Nürnberg traten Soft Vein (USA) auf.
Also vorab etwas Manöverkritik: Ein etabliertes Event „ganz im Osten“ mit einem Ableger „tief im Westen, wo die Sonne versinkt“ (© Grönemeyer) zu versehen, ist an sich nicht schlecht, wenn… ja, wenn man ein irgendwie gleichwertiges Event schafft. Das ist hier nicht passiert. In Dresden treten 11 Acts auf 2 Bühnen auf – für 55€ das Ticket. In Bochum 5 Acts im engen Tube der Matrix – für 48€. Wenn man dann noch bedenkt, daß Nürnberg, die ich gern sehen wollte, kurzfristig wegen Krankheit ausfielen und durch die (für mich) blassen Soft Vein ersetzt wurden, stehen die Ticketpreise in keinem Verhältnis. Ich will nicht mosern, 50€ für 5 Bands sind mir das Event wert, aber das Verhältnis zu Dresden von a) den Finanzen und b) dem Musikangebot her stimmt einfach nicht.
So merkte man in Bochum auch nichts davon, daß das Event eine „Convention“, eine Zusammenkunft, sein soll. Ich hatte erwartet, daß jemand die Bands ansagt, ich will ja nicht „moderieren“ sagen, – nix. Schweigsame Künstler, effizienter Umbau, letztes Stück, keine Zugabe, Hintergrundmusik an. Ok, es heißt „cold hearted“ – daher will ich das nicht weiter kritisieren. Man könnte nämlich sagen, da schrammeln ein paar Acts ihre Lieder runter – und ferddisch. Eine „convention“ ist das nicht.
Soft Vein aus den USA starteten pünktlich um 19:30 Uhr. Synthie und Gitarre gemischt, die Vocals völlig unverständlich, die Musik z.T. übersteuert. Es nervt, wenn man nichts versteht, noch nicht mal im Ansatz, was da gesungen wird.
Ähnlich Rendez-Vous aus Frankreich. Die hatte ich von der Musik-Konserve mit crispem Sound und klaren Vocals im Kopf. Jetzt schrammelten die ihre Lieder im Bad-Religion-Stil runter und schrien wie der Herr Rainer beim L’Âme-Immortelle-Konzert im Frühjahr, wo auch das, was man sonst an Lyrics versteht, in der überzogenen Darbietung untergeht. Ich weiß nicht, warum das so ist: Spielfreude beim Live-Auftritt? Nervosität und Angst vor schlechter Performance?
Schade, denn ich mochte einige Stücke von Rendez-Vous, aber so, wie sie präsentiert wurden, war das nix für mich. Aber: die fünf Jungs sind auf der Bühne eine echte Präsenz und verausgaben sich. Toll zum Zuschauen, aber für mehr reichte es bei mir nicht.
Ich bin im Grunde nur für Rue Oberkampf (D) zum Event gefahren. Das Konzert war super-intensiv, Julias Gesang bestens zu verstehen. Wieder einmal eine Band für mich, bei der Musik und Präsentation verschmelzen. Davon will ich mehr! (Gleich die Eröffnung mit Hope & Fear…) (Und sorry für die nicht so optimalen Fotos – das alte iPhone 13 Pro macht nicht mehr aus dem Licht-Setting.)
So, nun etwas zum „Tube“, der vermutlich früheren Bierlagerhalle tief unter der Erde. 700 Leute sollen reinpassen, aber als Event-Location ist das für mich nicht so dolle. Vorne massives Gedränge, weil die Breite einfach fehlt. Hinten sieht man dann nicht mehr viel. Dazu ständig die gleichen Typen, die während der Auftritte sich von hinten nach vorn und zurück durchquetschen. Ich stand am Rand, wie schwarze senkrechte Ölsardine, lan. Das habe ich auch nur bis einschließlich Rue Oberkampf durchgehalten, dann ging ich nach hinten.
Die Matrix ist natürlich eine sehr geile Location mit all ihren Bereichen. Ab 22 Uhr startete die Disco neben dem Merch-Areal – ist mir aber auch zu rechteckig-langgezogen, also zu „tief“ als Raum, in dem getanzt wird, dafür mit toller Lichtshow und Nebeleffekten für die Tänzer. 2 große, eine kleine Theke; nettes, schnelles Personal, gut!
Twin Tribes aus den USA habe ich von weit hinten gesehen. Jaaaa, nett, aber es klickt bei mir nicht. Dann meldete sich die Müdigkeit nach eine harten Arbeitswoche, wenig Schlaf und anderthalb Stunden Yoga am Vormittag. Also von Linea Aspera noch ein, zwei Lieder angehört, aber das war’s dann für mich. Im Nachhinein etwas geärgert, weil ich die Lieder von Linea Aspera, die ich mag, nicht live gehört habe, aber that’s the price you pay.
Plan: Nächstes Jahr in Dresden sein.
Nachtrag: Wie ich später bei MonkeyExpress las, gab es doch eine „Ansprache“: Die Sängerin von Linea Aspera hat sich wohl, als ich bereits auf dem Heimweg war, zum Gazakrieg geäußert, Zitat aus dem Artikel: „Nach den zunächst erwähnten zweifellos berechtigten Klagen über die Massenmorde in Gaza seitens der IDF entwickelte sich ihre Ansage allerdings in eine Richtung, für die es von Süßigkeitenverteilern in Berlin-Neukölln sicher mehr Applaus und Jubel gegeben hätte als in der Bochumer Matrix.“
So etwas ist für mich ein No-Go – und ich habe die Linea-Aspera-Songs in meinen Playlists gelöscht. Meine Vision dieser Szene ist eine unpolitische, oder sagen wir es anders, Politik ist Privatsache: ich frage niemanden, was er wählt. Ich will aber auch keine immer gleichen Statements von den Bühnen herab hören, weil das der ÖR nun ja auch täglich macht. Mir mißfällt dabei die konkrete Situation: jemand, der prominent mit Mikro auf der Bühne steht, mißbraucht seine „Macht“, um mich mit Aussagen zu übergießen, denen ich mich nicht entziehen kann. Nebenbei: das nervt mich grundsätzlich und auf allen Ebenen – seien es platte antichristliche Songs wie von Oomph oder eben politische Aussagen. Ich unterstütze so etwas nicht durch Hören & Kaufen von Liedern. Tschüß, Linea Aspera.