The Exorcism of God (Film)

Ich habe den 2021 von Alejandro Hidalgo gedrehten Film via iTunes gesehen und bewerte ihn mit der Note 4.
(Wikipedia) – Der Text spoilert den Film!

Nach der ersten halben Stunde Schauen war klar: das wird eine 5. Dann gab es aber doch Gründe, v.a. im Thema liegend, nicht in der Präsentation, nach oben zu korrigieren.

Der Film beginnt 2003 in Mexiko. Pater Peter Williams betreibt mit der Schwester (i.S.v. Nonne / Ordensschwester) Magali ein Waisenhaus für Kinder – und verliebt sich in sie. Plötzlich ist sie vom Teufel oder einem Dämon besessen und Williams wagt sich ohne Rückendeckung aus dem Vatikan und vor Ankunft eines erfahreneren Kollegen, Michael, an den Exorzismus.

Gleich zu Anfang präsentiert Hidalgo uns ‚Sex sells‘. Die Brustwarzen der Besessenen spannen so unter dem Nachthemd, daß man um den Stoff fürchten muß. Kurz sieht man Magali, die den Priester kontinuierlich sexuell erregen will, oben ohne, bevor sie sich selbst stimuliert, was mit einem lauten, aufdringlichen, feucht-schmatzenden Geräusch einhergeht. Während ich die Augenbrauen hochziehe, fällt der Priester auf den Dämon herein: er meint, ihn austreiben zu können, doch durch einen Kuß überträgt dieser sich auf Williams und bringt den Priester dazu, Magali zu vergewaltigen. Man mag das als kraß blasphemische Szene (für einen Priester) deuten, aber hier wird schon gezeigt, daß der Dämon über nicht zugelassene Gefühle in den Menschen eindringen kann.

Die Schuld des sexuellen Aktes trägt Williams auch 18 Jahre später mit sich herum – nie hat er sich getraut, dem Bischof in Mexiko-Stadt zu beichten, der ihn hingegen mit Finanzmitteln für die Kinderhilfe unterstützt. Er macht sich Selbstvorwürfe, während die Menschen im Ort ihn als Heiligen sehen. Dort spitzt sich die Situation zu: es fehlen Nahrungsmittel und Medikamente; Kinder sterben. Williams‘ Begleiter Nelson konfrontiert diesen damit, daß er ‚keinen Frieden‘ gefunden habe. Der Priester hat Alpträume, in denen er von einem besessenen Jesus verfolgt wird.

Hier gilt, wie für den gesamten Film: billige Schockeffekte, platte Dialoge und hölzernes Spiel etlicher Charaktere. Das ist alles auf B-Movie-Niveau. Im übrigen sind die besessenen Menschen so geschminkt, daß sie wie Zombies in anderen Filmen aussehen. Ein bißchen Walking Dead steckt wohl in jedem Dämon…
Nebenbei: Es ist  so eine ‚Grundregel‘ bei Exorzismus-Filmen: je mehr Kerzen brennen, desto schlechter ist der Film. Wieso schläft Williams, während gut 10 Kerzen angezündet sind? Überhaupt gibt es wenig Subtilität in diesem Film: alles wird platt, oberflächlich dargestellt.

Der Sex mit Magali hat zu einer Tochter geführt, Esperanza. Die ist jetzt 18 und im örtlichen Gefängnis, weil sie Besessenheitssymptome zeigt. Magali überredet Williams, ‚für seine Tochter‘ den Exorzismus zu wagen. Diesmal holt sich Williams o.e. Michael hinzu, einen schwarzen Priester aus England, der aus welchen Gründen auch immer stets einen Flachmann dabei hat.
[Man kann spekulieren: für Williams war die Liebe zu Magali der Schwachpunkt, den der Dämon nutzte, für Michael könnte es der Alkohol sein.]

Das Gefängnis wird nicht evakuiert für den Exorzismus – auch so ein flacher, unrealistischer Dialog mit dem Chef. Man betäubt alle Insassen, was erwartbar nicht funktioniert (hey, das ist ein Horrorfilm – ist doch klar, daß das nicht funktionieren wird – oder wer hat das Script geschrieben?).
Wir lernen, daß die Priester es mit dem Dämon ‚Balban‘ zu tun haben, den Williams aus Magali zwar ausgetrieben hatte, der aber nur ‚verschwand‘, um erneut zuzuschlagen. Ich verstehe es so, daß er wie ein Samenkorn in Williams und Esperanza ruhte. Der Dämon steht nicht auf der Liste der ‚theological demons‚.

Kurze Rekapitulation: Williams steht in einem zu Anfang gut dargestellten Konflikt: er hatte unter Einfluß seiner Liebe und des in  ihn gefahrenen Dämons Sex mit Magali. Gleich danach sieht man die Szene, wie eine alte Frau (M‘s Mutter?) sich neben den Priester kniet, seine Hand küßt und ihn als Heiligen bezeichnet. Er hat Schuld auf sich geladen, hat nicht wie ein Priester gehandelt, dennoch übersteigern die Einheimischen seine Person. Nun kommt Konfrontation Nummer 2 mit dem Dämon. Michael rät Williams mehrfach, er dürfe keinen ‚Deal‘ mit dem Dämon eingehen.

Das ‚Vorspiel‘ ist eine Schnell-Austreibung des Dämons aus einer jungen Nonne, so eine unnötige ‚Drive-Through-Szene‘. Im Gefängnis sind nun etliche Frauen durch den Dämon besessen (sag ich’s doch), die Nelson und Michael töten. Williams ist allein und mit ‚Balban‘ in Form Esperanzas konfrontiert. Und so, wie er vor 18 Jahren ‚gefallen‘ ist, indem er der Liebe zu Magali nachgegeben hat, fällt er nun, indem er gegen Michaels Rat handelt: er macht einen Deal mit dem Dämon. Aufgefordert, sich entweder für das Weiterleben Esperanzas oder der Kinder im Waisenhaus zu entscheiden, wählt er den dritten Weg: er muß Gott aus sich / seiner Seele verbannen, Gott ‚exorzieren‘ (daher der zunächst unverständliche Titel), damit Tochter und andere Kinder leben – doch damit hat Williams seine Seele endgültig an den Dämon verkauft.

Michael erklärte: Gott und der Teufel/Dämonen können nicht gleichzeitig in einem Menschen sein. Das betont den freien Willen des Menschen. Erregt durch den Dämon hat Williams seinem Trieb nachgegeben, so konnte der Dämon einen ersten Sieg einfahren.

Schwenk zum End-Set: alle Kinder leben, sind fröhlich. Magali und Esperanza lachen – alles gutgegangen, puh… Williams spricht mit dem Bischof, dem er per Handy-Video doch noch vor der Konfrontation mit Balban seine Beichte geschickt hatte. Es ist klar, daß Williams weiter besessen sein muß, denn er ‚opferte Gott‘, um Kinder und Tochter zu retten. Als letzter, eher unnötiger Winkelzug wird nun auch der Bischof als Satanist/besessen geoutet, der Williams nach Rom schickt, damit das Böse die Welt beherrschen könne. Aha…
Und Esperanza lacht Williams mit glühend blauen (besessenen) Augen an.

Was heißt das alles? Wer einen Deal mit einem Dämon macht, kann nicht gewinnen. Der Akt, Gott aus sich zu verbannen, kann auch für die ‚Erretteten‘ kein Heil bedeuten. Der Dämon ‚cheatet‘, er hat immer noch Gewalt über Esperanza. Der Kernsatz aus dem Film ist, daß Gott und Teufel nicht in einer Person koexistieren können. Man muß den freien Willen nutzen, um sich von Sündhaftem ab- und Gott zuzuwenden. Und: das Böse kann man nur bekämpfen, man kann sich nicht mit ihm arrangieren. Das heißt: Williams hätte Gott wählen müssen, danach erst hätte er situativ entscheiden können, wie es weitergeht. Tötet Balban Esperanza, tötet er Williams? Bleibt sie besessen? Kann ein weiterer Exorzismus durchgeführt werden? Indem Peter sich auf das Böse einließ, hat er alle anderen Möglichkeiten vernichtet.

Wir haben also einen suboptimal gemachten Film (mit ‚Leuchte-Augen-Zombies‘ und sehr simpler Exorzismus-Darstellung), der aber das Thema doch gut erfaßt. Der Dämon ist nie ‚weg‘, er schlummert nur und wartet – er ist wie die Sünde, die täglich auf jeden Gläubigen wartet. In diesem Sinne habe ich die Bewertung von 5 auf 4 hochkorrigiert.

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