Mono Inc. (E-Werk, 25.10.25)

Nach deutlich stauigerer Fahrt am Samstagnachmittag (als am Montag Richtung Oberhausen) kamen wir in Köln an. Die Carlswerkstraße, wo man immer mal nach einer Lücke schauen kann, wurde von Google in rot angezeigt, also entschieden wir, direkt zum ID-Cologne-Parkhaus zu fahren, wo mehr als genug Parkplätze für 10€ pro Abend zur Verfügung standen.

Alienare
Alienare

Der Andrang zum Einlaß war gut 20 Minuten nach dem Öffnen der Türen nicht mehr so groß, so daß wir schnell im E-Werk waren. Dort ‚grüßte‘ uns das Alienare-Banner von der Bühne. Nee, ne?! Zweite Vorband, noch länger warten – und vor allem: warum gerade Alienare? Wir haben die Band beim diesjährigen E-tropolis und Amphi-Samstag gesehen. Was ich damals schrieb („ganz gut gefallen, ohne daß der Wunsch besteht, mehr von der Band kennenlernen zu wollen“), gilt heute unverändert. Der energetische, quirlige Sänger machte genau das, was er vor Gothic-Rock-Publikum tun mußte: in die Offensive gehen. Mit viel Charme präsentierte er die Band, den Aushilfsdrummer (von Hell Boulevard), und versuchte, das Publikum „warmzumachen“. Die Songs waren eingängiger Synth-Pop, würde ich sagen. Gerade, nicht nur, beim Letzten – von der kommenden EP – lag der Sänger aber vom Ton her etwas daneben. Mehr kann ich dazu nicht schreiben – nicht „meine Band“.

Soulbound
Soulbound

Soulbound, die eigentliche Vorband, spielt so etwas wie „Nu Metal“ oder „Industrial Melodic Metal“. Corri May gefielen sie beim Amphi 24 sehr gut. Auch hier ging der Sänger in die Offensive und erklärte, warum er „schreie“. Das klingt für mich zu sehr nach Anbiederung – unnötig. Dieses Konzert gefiel mir sehr gut. Das ist Metal, den ich gut hören kann. Und seit Clouds (beim Stella Nomine) mag ich auch das Growlen.

Soulbound
Soulbound

Soulbound steht auch für ein wiederkehrendes Element ihrer Shows: die Ansprache des Sängers über seine Depressionen, wofür er viel Applaus (Anteilnahme) erhielt. Hört mal in das damit verbundene Lied „Undone“ rein.

Zweiter, schneller Umbau, dann begann das Mono-Inc.-Konzert mit düster-orchestralem Auftakt („Ray of Light“?) und einer Rezitation zu Dunkelheit und Raben, gefolgt vom Opener „In my Darkness“. Diese Rezitation – war das Katha Mia, die sprach? – war so along the lines: im Herzen der Finsternis erklingt die Stimme des Raben. Dunkelheit hat ihr Recht, da zu sein, aber sie kann nur leben, wo es auch einen Funken Licht gibt. Es sei der Band eine Ehre, daß die Zuschauer mit ihrem Licht da sein, um es zu teilen: „Du bist der Rabe!“. Yooo, wie so vieles bei MI klingt auch das etwas ‚over the top‘. Das ist so wie ein See voller Kitsch – springt man rein oder hält man nur die Füße rein? MI: dive in! (Und persönlich war ich nicht mit meinem „Licht“ da, sondern mit meiner Dunkelheit…)

Ok, daher erstmal was zu Mono Inc.: Ich habe sie vor 15 Jahren kennen- und liebengelernt. Doch über die letzten Jahre hinweg habe ich sie immer seltener gehört (bis auf meine Playlist-Songs). Dann im Sommer 24 die Tour-Ankündigung: mit Freunden zusammen haben wir gleich Karten für 15 Monate später geordert. 2025 wurde dann das neue Album (zur Tour) „Darkness“ veröffentlicht.

Mono Inc. - Katha Mia
Mono Inc. – Katha Mia

Schon dieser plakative, zum Kitsch tendierende Titel (also einfach so ein Wort, Darkness, statt etwas Aussagekräftigeres zu kreieren wie „Enthralled by the Rising Darkness“ oder „Bright Sparks in Utter Darkness“)  zeigt, was ich aktuell mit MI verbinde: auf der Stelle treten, sich nicht musikalisch neu erfinden, sondern den ausgetretenen, ebenen, leichten Weg weitergehen, solange die Käufer/Hörer mitmachen. Entsprechend war ich von den Vorabveröffentlichungen aus dem Album eher enttäuscht. Doch die Show holte mich wieder ab….

Um das Publikum in MI-Stimmung zu bringen, folgten energetische Songs wie „Louder than Hell“, „Ravenblack“, „Arabia“ – bis mit „Voices of Doom“ der erste Hit (für mich) folgte; das ist noch immer ‚mein MI-Song‘. Da war ich wieder im MI-Fieber, ja, doch. „Abendrot“ war der erste Titel vom aktuellen Album, und auch der, der mir mit weitem Abstand als bester daraus gefällt.

Dann wurde der Flügel auf die Bühne gerollt, Engler hielt eine kurze, sehr emotionale Ansprache über seinen übergriffigen Vater, und wie sein „großer Bruder Carl“ ihm Halt gab. Entsprechend perfekt die Versionen von „Together till the End“ („All you lonely souls, come Legion of the damned, United in our pain, Together till the end“) und „When the Raven dies tonight“ – für mich auch das ergreifendste Lied des Abends, wunderschöner Song.
„Kein Weg zu weit“ – Duo mit Katha Mia, die zum Singen in den vorderen Bereich der Bühne kam – ich bin mir hier nicht 100% sicher über die Abfolge der Lieder, auch nicht nach Diskussion dazu mit Corri May. Leider ist die Setlist (noch) nicht online zu finden.

Zu „Revenge“ trat Engler als katholischer Geistlicher verkleidet auf die Bühne: „For all the little degradations, and all the dirty words you said, For all the white lies that helped you, and everything you don’t regret, One day, the revenge is mine.“

Nebenbei bemerkt: der (relativ) neue Bassist Ilja John Lappin hat mir richtig gut gefallen: das ‚getappte‘ Baß-Solo, der Song am Cello – sehr sympathisch und sicher auch musikalisch frischer Wind für die Band.

Engler erklärte kurz den Hintergrund von „Dein Anker“ – von der „B-Seiten-Schublade“ mit englischem Text zu einem Song mit deutschem Text – der mir nicht gefällt. (Man muß gerade bei deutschen Texten, finde ich, immer auf den Kitsch-Faktor achten. ‚Ich will dein Anker sein‘ ist als Metapher eben so abgenudelt.)

Dann Katha Mia mit Drums-Solo zur Musik von ‚Pirates of the Caribbean‘ und der Abschluß des ersten Teils des Konzerts mit „Lieb mich“. Die Band sichtlich zufrieden mit dem intensiv mitgehenden Publikum. Dazu trug sicher auch das tolle Bühnenbild mit „drei Etagen“ sowie die Feuer- und Konfetti-Effekte bei. (OK, zum Schluß waren auch die großen Luftballons spaßig, aber, hey, das ist ein SCHWARZES Event…)

Da ich die Songs nicht notiert  habe, bin ich mir bei den beiden ersten Zugaben unsicher – ich meine, „Tag X“ und „Heartbeat of the Dead“.

Was mußte als allerletztes Lied kommen? Natürlich „Children of the Dark“ – so abgelutscht, so ausgeleiert vom vielen Hören – und trotzdem so geil. Kurz mußte ich für mich fett grinsen: da stehst du mit fast 60 im Publikum und singst mit über die „KINDER“ der Dunkelheit. Das ist wohl das Kind (im Manne / im Menschen), das nie aufhört, sein Recht einzufordern.

Mono Inc., Soulbound, Alienare
Mono Inc., Soulbound, Alienare

So bleibt erneut das Gefühl: nach stressiger Woche mit wenig Lust auf die Fahrt nach Köln, wurde ich mal wieder da abgeholt, wo ich stehe (und hingehöre). Das E-Werk gefällt mir als Location nicht, aber das ist ja eigentlich egal. Ich merke, daß es bei Mono Inc. immer wieder Songs gibt, die etwas in mir triggern. Also werde ich den Winter dazu nutzen, nochmal in die Alben reinzuhören.

Letztlich frage ich mich aber auch: will ich so eine perfekt durchgestylte Show mit Pyro-Effekten, Luftballons und viel „JETZTMALDIEHÄNDEHOCH – ALLE!!!!!“ oder mag ich lieber so ’stille‘ und auf ihre ruhige Art perfekte Konzerte wie z.B. The Beauty of Gemina? Doch – auch so eine ausgelutschte Metapher: wie es Hell und Dunkel im Leben gibt, hat auch jede Form der Präsentation ihre ergreifenden Momente. Ich ‚brauchte‘ Mono Inc. in dieser Form am Wochenende – aber das gilt nicht immer und überall. Manchmal benötigt man ‚Standortbestimmung‘ ohne GPS.

Und noch etwas: Schwarze Szene, das sind Künstler wie Soulbound oder Mono Inc., die offen über Gewalterfahrungen und psychische Krankheiten sprechen. Das macht „uns“™ anders als die Ballermann-Kultur (fällt mir gerade so ein, weil ich gestern kurze Videoschnipsel der Mallorca-Location gesehen habe). Rush out.

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