Der Exorzismus von Anna Ecklund (Film)

Den von A. Jones gedrehten Film (2016) mit dem Original-Titel „The Exorcism of Anna Ecklund“ habe ich via iTunes gesehen und bewerte ihn mit **.

Basierend auf dem echten Fall der Emma Schmidt (Pseudonym: Anna Ecklund) aus Wisconsin (1928), der der bestdokumentierte Fall dämonischer Besessenheit sein soll (Wikipedia/Filminfo engl. Wikipedia) (wobei das vielleicht für die USA gilt, bei uns dürfte das Anneliese Michel sein) – aus dem leider nur ein B-Movie mit schleppendem Tempo und einer grottigen deutschen Synchronisation wurde. Es ist auch ein Film, bei dem ständig Kerzen unbeaufsichtigt brennen: Menschen schlafen bei brennenden Kerzen, die Besessene wird in ihrem Zimmer alleingelassen mit einer brennenden Kerze… Da soll Atmosphäre erzeugt werden, wo der Film es sonst nicht schafft.

Anna Ecklund ist augenscheinlich besessen; ihr Mann Jakob sucht Hilfe beim Pater Theo Reisinger (im Original: Riesinger), der sich wiederum an den Vatikan wendet, von wo Pater Richard geschickt wird, der jedoch aktuell unter großen Glaubenszweifeln leidet. Man beachte die Nähe zum Erfolgsfilm „The Exorcist“, bei dem auch der jüngere Priester zweifelt. (Man könnte in diesem wiederkehrenden Motiv eine Art Darstellung des geistigen Wachstums eines Priesters an Glaubenszweifeln und dem Sieg über diese sehen.)

Wir erfahren, daß Anna 25 ist, aber mit 14 erstmals Symptome zeigte und bereits früher exorziert wurde. Ihre beste Freundin erzählt, Anna könne per Handauflegen heilen. Die junge Frau wird zur Pflege in ein Kloster gebracht.

Der Dämon in Anna spricht in der „Wir“-Form, spricht in Latein, obwohl Anna diese Sprache nicht beherrscht. Er sagt z.B., „Satan ist unter uns“. Richard wird auf der Basis seiner Zweifel vom Dämon herausgefordert. Bald zeigen sich Kratzmale auf Annas Arm und im Gesicht, in ihren Oberschenkel wird „Save your Servant“ geritzt, sie ißt kein gesegnetes Essen und greift die sie pflegenden Schwestern kratzend und beißend an. Nervig ist hier im Film, daß jede Bewegung Annas mit Knackgeräuschen unterlegt ist. Unglaubwürdig ist die Darstellung der Nonnen, die fragen, welche Sprache Anna spricht (Latein als Kirchensprache!), und die beim Exorzismus das Kreuzzeichen nicht machen und nicht mitbeten.

Aufgrund der genannten Symptome (und weiterer: Kälte im Raum, Veränderung des physischen Aussehens von Anna) erteilt ein Erzbischof die Zustimmung zum Exorzismus. Richard zweifelt weiter, doch Theo motiviert ihn. Vielleicht eine der besten Szenen ist das innige Gebet Richards kurz vor Beginn des Exorzismus.  Während des Rituals schreit Anna vulgäre Ausdrücke, versucht speziell Richard in einem sexuellen Sinn. Das auf ihre Stirn gelegte Kreuz hinterläßt eine Art Verbrennung auf der Haut. Dramatisch ist die Endphase dargestellt: das ganze Zimmer wackelt, Anna sprengt ihre Fesseln, wirft Richard zu Boden, doch plötzlich wird sie wie eine Statue an die Wand teleportiert und mit dem Aufleuchten von hellem Licht wird klar, daß der Dämon Anna verlassen hat.

Interessant ist ein Gespräch zwischen Theo und Richard. Letzterer erklärt die “Omega Point Theory“ von Pierre Teilhard de Chardin, einem französischen Jesuiten, aufgegriffen 1994 vom Physiker Frank Tipler. Omega ist dabei der Endpunkt der Evolution in Anlehnung an den Ausspruch Jesu, er sei das Alpha und Omega. Motor der Entwicklung sei dabei die Liebe; Teilhard nennt Jesus auch „das Omega“. Richard vermutet, daß Menschen mit besonderer Gabe (s. Annas Heilkraft) am ehesten vom Bösen angegriffen werden.

Das recht platt inszenierte Finale beginnt wieder mit einer unglaubwürdigen Szene: die Oberin des Klosters berichtet Theo davon, daß beide jungen Nonnen, die beim Exorzismus anwesend waren, auffällig krank seien. Aber Theo kommt nicht auf das Naheliegende, das jeder Genre-erfahrene Zuschauer sieht: der Dämon ist in beide gefahren…

So kommt, was kommen muß: die Nonnen greifen die anderen an. Richard erklärt Anna, sie sei das Lamm, die Retterin, quasi das Omega, das nun vom Bösen angegriffen werde. Anna weint Blut, dann heilt sie durch Handauflegen den zwischenzeitlich auch besessenen Theo. Es folgen groteske Kampfszenen, Anna heilt alle, Erdbeben, Licht… Richard: „Es ist vollbracht.“

Ja, das dachte ich auch „erlöst“ am Ende des Films, den ich sicher kein zweites Mal schauen werde.

Der Exorzismus von Emily Rose (Film)

Der Exorzismus von Emily Rose“ wurde 2005 von S. Derrickson gedreht. Ich bewerte den Film mit *****. Der Text spoilert den Film!
(Wikipedia)

Der Film wird auch besprochen in Sven Großhans‘ Buch „Das Schauspiel der Besessenheit – Exorzismus im Film“ (Berlin (Logos), 2010).

Es handelt sich um ein Gerichtsdrama zum Fall der in Folge eines Exorzismus verstorbenen E. Rose – angelehnt an den echten Fall der Anneliese Michel, wozu ich hier kurz ein paar Daten angegeben habe (s.a. den Film Requiem).
Der Pfarrer Moore wird wegen fahrlässiger Tötung in U-Haft genommen und angeklagt, woraufhin die Geschichte mittels Rückblenden im Rahmen des Gerichtsprozesses erzählt wird.

Der Exorzismus von Emily Rose (Film) weiterlesen

Requiem (Film)

Requiem“ wurde 2006 von H.-Chr. Schmid gedreht. Ich habe die Kaufversion auf iTunes gesehen und vergebe ***.
(Wikipedia) – Der Text spoilert den Film!

Requiem behandelt den Exorzismus-Fall der Anneliese Michel, s. Der Exorzismus der Anneliese M. für ein paar Hintergrund-Infos zum echten Fall oder diesen Artikel bei National Geographic.

Der Film wird auch besprochen in Sven Großhans‘ Buch „Das Schauspiel der Besessenheit – Exorzismus im Film“ (Berlin (Logos), 2010).

Hier im Film heißt die weibliche Hauptperson Michaela Klingler (vermutlich eine wenig kreative Wortschöpfung aus Klingenberg (Wohnort der echten Anneliese) und dem Nachnamen Michel). Requiem (Film) weiterlesen

Der Exorzismus der Anneliese M. (Film)

„Der Exorzismus der Anneliese M.“ wurde 2011 von J.G. Prest gedreht. Ich habe ihn auf Amazon Prime gesehen und vergebe *.
(Wikipedia) – Der Text „spoilert“ den Film!

Dies ist ein Film der für Low-Budget-Produktionen bekannten Firma The Asylum, die damit auf den Zug der gerade wieder aktuellen Exorzismus-Filme aufspringen wollte. Solche, Blockbustern nachgestellten Filme werden als „Mockbuster“ bezeichnet. Anneliese: The Exorcist Tapes sei eine Mockbuster-Version von Paranormal Activity 3, was so nicht stimmen kann, da PA3 ein halbes Jahr nach dem hier besprochenen Film veröffentlicht wurde, aber man kann den Begriff ja auch auf andere, viel besser gemachte Exorzismus-Filme beziehen.

Die historische Vorlage ist der echte, tragische Fall der Anneliese Michel aus Klingenberg am Main, die u.a. in der Folge von Unterernährung (und nach Exorzismen) 1976 verstorben ist. Die Eltern und ein Priester (E. Alt) wurden später zu geringen Haftstrafen verurteilt. Der Fall wird nach wie vor kritisch und als abschreckendes Beispiel für den Exorzismus diskutiert. Mehr Infos bei der Wikipedia oder bei Ney-Hellmuth, Petra: Der Fall Anneliese Michel. Kirche, Justiz, Presse (Königshausen & Neumann, 2014).

Gefilmt wird Anneliese im Haus ihrer Eltern, mal im ‚Found-Footage-Style‘, mal mit fest installierter, schwarz-weißer Raumüberwachungskamera. Der Film stellt dies mit auf alt gemachtem Filmmaterial als „Original-Aufnahmen“ von einer „wissenschaftlichen Studie“ aus dem Jahr 1976 dar – nach Tagen strukturiert und mit jeweils einem langatmigen Kameraschwenk pro Tag über handschriftliche Notizen eines Dr. Landers.

Dieser aus den USA eingeflogene Landers stellt mit dem Hausarzt der Familie, Dr. Krüger, die wissenschaftliche Partei dar. Dem gegenüber stehen Pater Renz, der Exorzist, die ihm vertrauenden Eltern, sowie sein Adjutant, der mal als „Kaplan“, mal als Pastor Alt benannt wird. Als dritte Partei fungiert das Kamerateam.

Anneliese soll vor 6 Jahren, also 1970 die ersten epileptischen Anfälle gehabt haben, bei denen sie schrie und fauchte. Sie habe in der Folge begonnen, den Teufel anzurufen. Von 1974 bis 76 soll sie mit Medikamenten behandelt worden sein, doch Priester und Eltern sehen darin keinen Erfolg. Alle drei genannten Parteien halten sich im Haus der Michels auf.  Einzelinterviews in peinlich-naiver Weise werden mit Diskussionsszenen aller Beteiligten vermischt. Ich weiß nicht, wie die englischen Dialoge im Original klingen, aber in der deutschen Version habe ich das Gefühl, einem schlechten Schüler-Theater zuzuschauen. Die Eltern werden als tumbe, gläubige Menschen dargestellt. Alt sagt so etwas wie: „Das ist mein erstes Interview. Sie sind doch vom Fernsehen, oder?“ Und wie der Synchronsprecher des Paters die lateinischen Texte vorliest, ist teilweise grottig.

Alles, was für Exorzismus-Filme üblich ist oder sein kann, haben die Macher in den Topf geworfen: da liegen tote Krähen vor dem Haus, Anneliese spricht flüssig in fremden, ihr nicht bekannten Sprachen; sie will den Kaplan verführen und macht sexuelle Avancen. Durch das Zeigen ihrer nackten Brüste ist gleich noch ein wenig „sex sells“ mit dabei.

Nun nimmt man eine Aufnahme der echten Anneliese Michel und spielt sie immer wieder ab. [Leider ist die A. Michel gewidmete Seite http://www.anneliese-michel.com/Kassetten/kassette.htm nun offline. Man konnte sich dort Tondokumente der Verstorbenen anhören.]

Das nervt auf Dauer. Man hört darin u.a., wie Anneliese sich als Nero bezeichnet. Sie sei „die Dritte im Bunde“. Renz erläutert: Nero, Hitler [kann man sich hier im Original anhören – Achtung, das kann für manche eine verstörende Audio-Aufnahme sein], Satan persönlich.  Die Situation spitzt sich zu; Anneliese verweigert das Essen. Dann erwürgt sie „mal eben“ den Hausarzt, während der Rest der Mannschaft danebensteht, filmt oder weiterhin betet… Sie erzählt einer Frau des Filmteams deren – ihr vorher unbekannten – sexuellen Mißbrauch durch den Vater, woraufhin sich diese umbringt. Hektische Endlos-Diskussionen zwischen Pater Renz und Dr. Landers münden darin, daß die beiden Geistlichen Anneliese zu 600 Kniefällen mit Gebet zwingen wollen – alles immer wieder „untermalt“ von der erwähnten Audio-Aufnahme. Anneliese tötet dann noch den Kameramann und Dr. Landers, doch trotz all der Toten beten die Eltern mit Anneliese kurz vor ihrem Tod ein ruhiges Ave Maria – dann stirbt sie durch „Verhungern“.

Ein Film, der m.E. das Andenken und den Leidensweg der echten Anneliese beschmutzt. Deswegen, und wegen der grottigen Machart von mir eine 5.

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