Vorab: ich habe den Eindruck, mit dem iPhone 16 Pro wesentlich schlechtere Konzertfotos machen zu können als mit dem alten 13er. Falls jemand Tips für die Kameraeinstellungen hätte, wäre ich sehr dankbar. (Und, nein, eine andere Kamera kommt nicht in Frage.)
Nach einer ruhigen, kühlen Nacht bin ich erstmal mit Gießkanne (für den Tank) und Wassersack losgezogen, um Wasser fürs Duschen zu holen. Immer schön antizyklisch agieren, dachte ich mir schmunzelnd, als ich an der Wasserstelle ohne Warteschlange ankam. Kaffee, Seele baumeln lassen, später Frühstück, dann Duschen (im Wagen) und los zum Infield.
Ich schreibe hier nur über die Bands, die ich tatsächlich gesehen oder zumindest aus der Distanz gehört habe.
Ich wollte mir Heimatærde live ansehen, weil ich von denen vor Jahren einige Lieder gehört hatte. „Dark Dance“ war schön, kannten einige und tanzten. Ich mochte immer schon die Mischung aus (Dark) Electro und Mittelalter-Instrumenten, aber der Auftritt blieb für mich doch etwas blaß.
Dann rüber zur Club Stage, um die Mittagszeit noch ohne Gedrängel machbar.
Vanguard hatten mir schon in der ML-Playlist auf Spotify gefallen. Jetzt fand ich insbesondere „Open Sky“, „Ragnarok“ und „Riot“ sehr gut: eine Band, dir mir irgendwie ‚durchgegangen‘ ist.
Ich freue mich darauf, die beiden schwedischen Synth-Popper im November im Kulttempel wiederzusehen. Im Nachhinein: vielleicht mein favorite gig des Festivals.
Shopping-Runde hinter der Club-Stage, aber Corri-May und ich merken immer wieder, daß uns die vollen, überhitzten Stände nerven. Also eher von außen mal drüberschauen, weitergehen. (Und manchmal auch staunen, was jetzt Utensilien der ‚Schwarzen Szene‘ sind.) Die Jacke, die ich kaufen wollte, habe ich nicht bekommen. Na ja, andermal. Beim Piercing-Stand von Wildcat war dauerhaft guter Andrang – da werden wir im Oktober mal lokal schauen.
Zurück zum Auto, von dort das „typische“ Chrom-Set gehört (bereits auf dem E-Tropolis gesehen).
Dann für Funker Vogt wieder zur Club Stage. Die Band arbeitete sich über Jahre wieder zurück nach dem krankheitsbedingten Ausstieg des Sängers und einer Fehl-Neubesetzung mit Folgen. Guter Elektro, aber für mich ein Auftritt, der mich nicht mehr so begeistern konnte wie früher. An diesem Wochenende (und dem folgenden beim Stella Nomine) führten wir einige Gespräche zu diesem Thema: wann hat eine Band ihren Zenit überschritten? Ein Bergwanderer aus dem Erzgebirge sagte: „Kennt man ja, zuerst geht’s hoch, aber irgendwann muß man wieder runter, da kommt der Abstieg.“ Für mich ist Funker Vogt so eine Band, die den Zenit überschritten hat. Wir bekamen nicht mit, welche Hits ggf. zum Ende gespielt wurden, weil wir zu Witt rüber pilgerten.
„Der Jo“ in Festival-Laune mit fürs Alter sehr guter Stimme. „Ohne Dich“ ist einer meiner Allzeit-Hits von ihm, auch „Dämon“. Natürlich kann der Meister nicht ohne „Goldener Reiter“ von der Bühne. Sehr schöner Auftritt.
Grundsätzlich wieder das immer gleiche ML-Problem: viel zu wenig Sitzplätze. Und diese dämlichen Bänke von „FoldingTable“, die zum Teil einfach zusammenbrachen (und am Sonntag nicht ersetzt wurden). Bei älter werdendem Publikum, beim Anspruch, inklusiv zu sein, muß man mehr Sitzmöglichkeiten bieten. Das kapiert die Orga – im Gegensatz zu der vom Amphi leider und seit Jahren nicht, was auch andere Leute auf Insta so kommentiert haben.
Apocalyptica mit ihrem Metallica-Set – ja, OK. Ich höre kein Metallica, kann also nur sagen, daß die Virtuosität der Musiker für sich spricht und das Anschauen der Beherrschung der Instrumente ein Genuß ist.
Ich merkte nun zum ersten Mal deutlich: Das Gelände wird für 25000 – mit Tageskarten ca. 27000 (?) – Besucher zu klein…
Die Leute sitzen, den Schatten vor der VIPCave ausnutzend, mitten im Durchgangsbereich zwischen den Bühnen und machten eben eine Art „Sitzblockade“. Vor der Club Stage viel zu wenig Platz für die Anzahl der Zuschauer bei angesagteren Acts. Ein Geschiebe, um nicht Gedränge sagen zu müssen. (Wie lange gibt es diese dämliche VIPCave eigentlich schon? So von wegen: „die Szene“ geht zum Mera Luna – alle sind gleich, einige gleicher. Mit dem Scheiß kann ich nicht gut umgehen.)
[Nachtrag: Es gab viele Diskussionen um die VIP Cave, so daß das Thema von Steve und Gatto Nero im Podcast „Shitstorm in Schwarz“ diskutiert wurde.]
Wir sahen uns dort Solar Fake an. Guter, dynamischer Auftritt – keine Lieblingsband von mir, aber immer wieder wirklich gern gesehen.
Der Samstag war der wärmste Tag mit ca. 26°C. Wir fanden dann doch ein Plätzchen auf einer Bank, die im Begriff war, unter der nächsten 130-Kilo-Person wegzuknicken: 95 tolerierte sie. So sahen wir uns Heilung an.
Ich bin da sehr, sehr zwiegespalten, aber aus Gründen, die hier viel zu weit führen würden. Im Grunde machen sie das, was schon Ougenweide seinerzeit taten: z.B. den 2. Merseburger Zauberspruch absingen. Aber: Heilung machen ein Ritual daraus: zu Anfang eine Reinigung der Bühne durch Räuchern, dann die Anrufung der vier Himmelsrichtungen, zu Beginn des Sets ein mehrfaches Absingen des kompletten Älteren Futharks usw. Damit wird ein Ritual auf der Bühne aufgeführt, dessen Teilnehmer zwingend alle Besucher sind. Wer das nicht will, muß im Prinzip das Gelände verlassen. Ich finde es problematisch, wenn man das Thema heidnisches Ritual ernstnimmt, so etwas aufzuführen. Ich finde es auch problematisch, Angehörige anderer Religionen oder Atheisten in ein Ritual zwangsweise zu integrieren.
Heilung holen mich mit ihrer Show, äh, ihrem Ritual nicht ab. Vielleicht schreibe ich doch später mal mehr dazu.
Tatsächlich hat mich das Nachdenken über das Thema so genervt, daß ich nach dem Auftritt zum Auto zurück bin, während Corri-May sich noch Covenant ansah. Da man die Musik vom Wagen aus gut hörte, habe ich mich etwas geärgert: sehr schönes Set, viele Klassiker, dämlicher Rush. (Note to self: nicht immer triggern lassen.)

Hier geht’s weiter zum Sonntag & Fazit.