His House (Film)

Ich erhielt diesen Film als Empfehlung für ein paar – zu Unrecht – unbekannte „Horrorperlen“ auf Netflix. Doch der Horroranteil scheint mir eher gering, wenn auch gut dargestellt. Vielmehr geht es um Traumata und – wieder einmal – Lebenslügen. Ich spoilere wenig, nicht den „Hauptfakt“, der den Film erklärt.

Ein Paar (Bol und Rial) flieht zu Beginn mit ihrer Tochter vor dem Bürgerkrieg im Sudan. Die Tochter ertrinkt mit anderen Flüchtlingen bei der Überquerung des Ärmelkanals. Von einer Erstaufnahmeeinrichtung in England geht es für das Paar in ein völlig heruntergekommenes Haus. Diese Behandlung der Flüchtlinge erzeugt ein sehr beklemmendes Gefühl, auch weil das Paar dann Ablehnung und Rassismus erlebt. Bol versucht sich so gut es geht an die englische Gesellschaft anzupassen, kleidet sich entsprechend, erwartet von seiner Frau, daß sie mit Messer und Gabel ißt. Rial bleibt aber in ihren Traditionen verhaftet, kleidet sich eher afrikanisch und sitzt oft auf dem Boden.

Nach dem „Horror“ der z.T. menschenunwürdigen Behandlung kommt nun ein „House Horror“ hinzu: Unabhängig voneinander erleben Bol und Rial geisthafte Wesenheiten, die in den Wänden des Hauses zu leben scheinen.

Rial präsentiert ihrem Mann dann eine Erklärung: Ein „apeth“ (so eine Art Hexendoktor, die englische Wikipedia meint „Night Witch“) sei aufgrund von „Schuld“ bzw. einer „Lüge“ des Paares mit in das Haus gezogen und terrorisiere die beiden nun. Deren Beziehung verschiebt sich mehr und mehr Richtung „Shining in London“. Die Wesenheit und die Erscheinungen (die oft mit dem Meer und Ertrunkenen zu tun haben) sind im übrigen sehr überzeugend dargestellt; es gibt schon einige ordentliche Gruseleffekte im Film.

Ich muß nun vorsichtig schreiben, um nicht zuviel zu verraten: Die Entität erwartet von Bol, daß er sich selbst ihr mit einem Messer opfere, um Schuld zu begleichen. Umgekehrt wird Rial in einer starken Traumvision nahegelegt, sie solle ihren Mann mit diesem Messer töten. Über diese Traumvision, die Rial in ein Massaker im Sudan zurückführt, erfahren wir als Zuschauer, was die „Lüge“ der beiden war.

Interessant ist hier, daß beide – die eher traditionelle Rial, wie auch der sich der englischen Gesellschaft anpassende Bol – die Geisterscheinung aus ihrem afrikanischen kulturellen Hintergrund gleichartig erleben.

Man kann den Film relativ gut bis kurz vors Ende mit den Traumata der beiden erklären. Sie sehen / erleben Dinge, die nicht da sind, die ihr Geist ihnen erschafft. Doch der „Endkampf“ mit dem Dämon ist sehr real – und es ist Rial, die durch ihr beherztes Eingreifen dem Spuk ein Ende bereitet.

„His House“ berührt auf verschiedenen Ebenen: der Bürgerkrieg, das Flüchtlingsdrama, der Umgang mit den Menschen in England, v.a. das völlig heruntergekommene Haus, in das Bol und Rial mit erheblichen Auflagen „einziehen dürfen“ – das tut schon weh, das zu sehen. Und doch ist genau dieses Haus dann Bühne für die Heimsuchungen durch die Geisterscheinungen.

Sehenswert!

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