
Ein ganz unüblicher Festivaltag, Samstag 19.7.25, liegt hinter uns. Wir hatten für dieses Jahr nur Tageskarten für den Samstag. Die waren ein Geschenk; und im Hinblick auf die anstehenden Festivals im August (M’era Luna und Stella Nomine) war der Kauf der Karten eher so eine spontane Sache: Ach, laß uns den Samstag nach Köln fahren, die Atmosphäre genießen – und dann schön zum Abschluß VNV Nation schauen.
Hier habe ich dann zum ersten Mal die Löschung meines, mit dem Blog verknüpften Insta-Accounts bereut: ich glaube, wir waren so mit die Letzten, die davon hörten, daß Ronan im Krankenhaus ist, und der Auftritt ausfällt…
Auf der Main Stage starteten pünktlich Vlad in Tears, die mir gut gefallen haben.

Zu Hell Boulevard machten wir eine Shopping-Tour übers Gelände, um zu Eisfabrik wieder vor der Bühne zu stehen. Da die Band nicht mein Ding ist, ließ ich Corri-May allein und ging schon zur Theater Stage, wo GULVØSS eröffneten.

Ich sage es gleich vorweg: für mich das Highlight des Tages! Da kann jemand Melodien, da kann jemand Melodien in Songs verpacken – und da kann jemand singen… Perfekt ausgesteuerte Instrumente, ein Gitarrist in Spiellaune – perfekter Auftritt. Am Sonntag beide Alben durchgehört, die „aus der Konserve“ anders klingen – ich kann das nicht genau benennen. Sagen wir so: vom Auftritt her (Gesang, Gitarren-Improvisationen, Video im Hintergrund) fand ich die Band „düsterer“ als die regulären Alben.
Die Theater Stage war zu diesem Zeitpunkt noch nicht komplett voll, daher auch noch mit guter Luft. Als wir rauskamen, starteten Nachtblut auf der Bühne. Wir mußten aber erstmal etwas essen. Nachtblut, wir hörten sie aus der Ferne, steigerten sich für mich von Song zu Song – und gefielen mir immer besser. Muß ich mal in Ruhe mehr von hören.
Zu Letzte Instanz waren wir wieder vor der Main Stage. Die Band wird sich 2026 (?) auflösen, daher spielen sie nun die letzten Konzerte. Das ist so eine der Bands, die ich etliche Male auf Festivals gesehen, aber nie gemocht habe. Ja, es ist auch das „politische Sendungsbewußtsein“, das mich nervt, also wenn jemand die Bühne für politische Aktionen nutzt, die ich mir anschauen muß, weil ich da gerade stehe. Ist wie mit den Zeugen Jehovas, die mein Grundstück betreten und mich rausklingeln. Ich will keine rechte, keine linke, keine was-auch-immer Politik, die mir von „oben herab“ verkündet wird.

Hinzu kam an diesem Samstag für mich, daß es meinem 90-jährigen Vater nicht gut ging, so daß mein älterer Sohn mittags hingefahren ist. Er hielt uns per WhatsApp auf dem Laufenden, was nicht unbedingt der „Festival-Immersion“ dienlich war. Wir sind viel rumgelaufen, fanden in der Shopping-Meile nichts passendes, haben uns oft einfach die Besucher angeschaut und die Eindrücke sinken lassen.
Zu Ashbury Heights waren wir kurz im Theater… Proppenvoll, extrem schlechte Luft – und äh, also der Duett-Gesang war grottig, fanden wir. Im Theater ist die Sound-Aussteuerung immer Glückssache – bei Gullvøss paßte es, hier nicht. Mehr als drei Songs haben wir nicht durchgehalten.
Die Krupps hätten wir gerne länger gesehen – so waren es nur die letzten vier Songs oder so. Beeindruckende Band mit langer Geschichte (s. Wikipedia – gerade auch mit aktuellem Foto des „Stahlophons“ vom Amphi 25). Sie sind für mich so eine Band, für die ich nicht bewußt zu einem Konzert fahren würde, wohingegen ich es aber sehr schön finde, wenn ich im Rahmen eines Festivals die Möglichkeit habe, sie zu sehen – so nach dem Motto: „must see“.
Für uns stand die Entscheidung an: was machen wir jetzt? Die Entscheidung, früher zu fahren, hing auch mit meinem Vater zusammen. So sahen wir uns noch Camouflage auf der Hauptbühne an – mit Regenguß zwischendrin. Wir entschieden uns gegen Project Pitchfork, die VNV Nation ersetzen würden. Ich hätte sie gerne gesehen, aber wir entschieden anders.
Die Orbit Stage auf dem Rheinschiff haben wir nicht gesehen, weil ich das Konzept, wie früher schon geschrieben, nicht mag und schon gar nicht, wenn das Schiff wegen Niedrigwasser linksrheinisch liegt, so daß man umständlich mit Shuttle Bus hinfahren muß. Das ist einfach „verlorene Festivalzeit“, dieses Rumgegurke.
Zu den Leuten: Ich sagte zu Corri-May, es sei etwas anders gewesen in meiner Wahrnehmung als sonst, aber ich könne es nicht genau benennen. Sie antwortete: ja, es waren weniger Leute Mitte 50 aufwärts da. Hm, ist mir nicht so aufgefallen, weil ich v.a. auf die Männer mit ihren (grauen) Bärten schaue, so ein bißchen Schwa*, äh, Bartvergleich mit meinem eigenen. Da waren schon einige Leute geschätzt über 50, finde ich. Und, meinte Corri-May, es sei nicht so ein extremes „Schaulaufen“ gewesen mit besonderen Kostümen, aber das sei, ihrer Erinnerung nach, auch eher am Sonntag Thema.
Bei mir war es etwas anderes: ich dachte, die Menschen sehen wieder „schwärzer“ aus, einheitlicher, so wie ich es zuletzt beim Stella Nomine 24 beobachtet hatte. Viele – den Temperaturen angemessen – mit Rock oder kurzer Hose, einfaches Band-Shirt drüber, fertig. Aber in Schwarz.
Und ich habe viele Menschen mit ihren Besonderheiten gesehen: mit Hauterkrankungen, mit sichtbaren Narben, mit Venenerkrankungen usw. – und natürlich die Menschen mit ihren Rollatoren und Rollstühlen. Ich merke, daß ich darauf schaue und feststelle, wie sehr das für mich Szene ist, und nicht die herausstaffierten Leute. Ja, das ist eine sehr persönliche Sichtweise; ich will niemandem auf die Füße treten oder ihr/ihm das Recht absprechen, sich so zu kleiden, wie man will. Es ist so ein Ding mit Verletzlichkeit oder Verwundung – ein Element, das für mich Schwarze Szene ausmacht.
Kurz: ich habe mich an diesem Tag letztlich doch wohlgefühlt; das war beim Amphi nicht immer der Fall.

Und hier gibt es (Youtube) das Amphi-Aftermovie.
(Pro Tip: Du willst ins Aftermovie? Dann solltest du in bunter Farbe und mit ausgefallener Maske auftauchen, das erhöht die Chance massiv…)